Tax News: VwGH zur Hauptwohnsitzbefreiung bei der Immo-ESt iZm Mietkaufmodellen
Immo-ESt
Nach Ansicht des VwGH (24.01.2018, Ra 2017/13/0005) muss für die Anwendung der Hauptwohnsitzbefreiung gem § 30 Abs 2 Z 1 lit b EStG, wonach dem Veräußerer das Eigenheim innerhalb der letzten 10 Jahre mindestens fünf Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz gedient haben muss, das (zusätzliche) Erfordernis der rechtlichen Eigenschaft als Eigentumswohnung während der fünfjährigen Mindestdauer nicht gegeben sein. IZm Mietkaufmodellen zählen daher auch Mietzeiten vor Kaufoptionsausübung des betreffenden Objekts zur geforderten Hauptwohnsitzmindestdauer.
Wie kürzlich in unseren Tax News 01/2018 zur Hauptwohnsitzbefreiung iZm Mietkaufmodellen berichtet, ist nach Ansicht des BFG (01.09.2017/RV/7105679/2015) für die Anwendung der Hauptwohnsitzbefreiung gem § 10 Abs 2 Z 1 lit b EStG („2. Tatbestand“) zusätzlich erforderlich, dass das Objekt während der fünfjährigen Hauptwohnsitzmindestdauer im wirtschaftlichen Eigentum des Veräußerers gestanden ist. Für die in der Praxis häufig vorkommenden „Mietkaufmodelle“ von Wohnbaugenossenschaften ist nach Ansicht des BFG das wirtschaftliche Eigentum über das Mietobjekt bis zur (Kauf-)Optionsausübung nicht gegeben (dh Hauptwohnsitzzeiten als Mieter zählen nicht).
Grundsätzlich sieht die sog „Hauptwohnsitzbefreiung“ des § 30 Abs 2 Z 1 EStG eine Befreiung von der Immobilienertragsteuer für die Veräußerung von Eigenheimen oder Eigentumswohnungen samt Grund und Boden iSd § 18 Abs 1 Z 3 lit b EStG vor, wenn diese ab der Anschaffung und Veräußerung für mindestens zwei Jahre durchgehend den Hauptwohnsitz des Veräußerers darstellten und der Hauptwohnsitz aufgegeben wird (lit a - 1. Tatbestand) oder wenn das Objekt innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Veräußerung mindestens fünf Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz gedient hat und dieser aufgegeben wird (lit b - 2. Tatbestand).
VwGH 24.01.2018, Ra 2017/13/0005
Der VwGH (24.01.2018, Ra 2017/13/0005) beschäftigte sich in einem jüngst ergangenen Erkenntnis ebenfalls mit der dem o.a. Erkenntnis zugrunde liegenden Rechtsfrage, nämlich ob die Voraussetzungen des § 30 Abs 2 Z 1 lit b (2. Tatbestand) erfüllt sind, wenn auch Zeiten der Nutzung vor dem Kauf für die zumindest fünfjährige Nutzung der Wohnung als Hauptwohnsitz in den letzten zehn Jahren vor der Veräußerung herangezogen werden können.
Im Konkreten handelte es sich um den folgenden, dem oa BFG-Erkenntnis sehr ähnlich gelagerten Sachverhalt:
Der Revisionswerber schloss im Jahr 2007 mit einer gemeinnützigen Bauvereinigung einen Mietvertrag über eine Wohnung ab, wobei über einen späteren Eigentumserwerb keine Vereinbarungen getroffen wurden. Im April 2013 wurde ein Kaufvertrag über das betreffende Objekt abgeschlossen (Kaufpreis rund EUR 160.000), wonach rückwirkend zum 01.01.2013 die Wohnung in das Eigentum des Revisionswerbers übergegangen ist. Der Revisionswerber habe von der Ausübung der Kaufoption aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes (WGG) Gebrauch gemacht, sodass vertragliche Vereinbarungen darüber nicht erforderlich gewesen seien. Er habe schon bei Abschluss des Mietvertrages beabsichtigt, die Wohnung später zu erwerben. Im September 2013 verkaufte er die Wohnung um rund EUR 250.000. Das Finanzamt unterwarf den Veräußerungserlös (abzüglich Anschaffungskosten und Nebenkosten) der Immobilienertragsteuer.
Auch hier argumentierte das BFG, dass der 2. Tatbestand der Hauptwohnsitzbefreiung nicht erfüllt sei. Für dessen Anwendung sei nämlich (unter Verweis auf die Rechtsprechung zu § 18 EStG) das wirtschaftliche Eigentum über die Wohnung während der normierten Fristen (dh mindestens 5 Jahre innerhalb der letzten 10 Jahre vor der Veräußerung) erforderlich. Das Bestehen einer Kaufoption verschaffe dem Rw jedoch nicht die Stellung eines wirtschaftlichen Eigentümers.
Der VwGH entgegnete dieser Ansicht mit den folgenden wesentlichen Argumenten:
- Der Rw hatte die Wohnung erworben, die ihm lange Zeit hindurch, und auch noch im Zeitpunkt des Erwerbs als Hauptwohnsitz diente. Dass ihm der Erlös aus ihrem Verkauf für die Schaffung eines neuen Hauptwohnsitzes ungeschmälert zur Verfügung stehen sollte, was der der Hauptwohnsitzbefreiung zugrunde liegender Sinn und Zweck ist, scheint im vorliegenden Fall Deckung zu finden.
- Die nach dem Wortlaut offene Auslegungsfrage, ob neben der 5jährigen Hauptwohnsitzmindestdauer auch die rechtliche Eigenschaft als Eigentumswohnung zählt, ist zu verneinen. Die systematische Stellung der Befreiungsbestimmung (des § 30 Abs 2 Z 1 lit b EStG) im Tatbestand über private Grundstücksveräußerungen deute nicht darauf hin, dass es um die Nutzung des eigenen Vermögensgegenstandes als Hauptwohnsitz gehe.
- Was das Verhältnis zum 1. Tatbestand (§ 30 Abs 2 Z 1 lit a EStG) anlangt, ist auf die dort wesentlich kürzere Frist von nur zwei Jahren zu verweisen. Das Erfordernis der im 1. Tatbestand normierten „vorherigen Anschaffung“ auch auf den 2. Tatbestand (ohne Grundlage im Wortlaut) anzuwenden, ist nicht erforderlich.
Das angefochtene BFG-Erkenntnis war wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben. Im Ergebnis sind daher auch die Hauptwohnsitzzeiten vor Kaufoptionsausübung der betreffenden Wohnung für die Erfüllung der gesetzlichen Frist heranzuziehen, sodass im vorliegenden Fall die Hauptwohnsitzbefreiung zur Anwendung kommt.
Zusammenfassung / Conclusio
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass nach Ansicht des VwGH für die Anwendung des 2. Tatbestands der Hauptwohnsitzbefreiung auch Hauptwohnsitzzeiten vor dem Kauf für die zumindest 5jährige Nutzung des Eigenheims in den letzten 10 Jahren vor der Veräußerung herangezogen werden können, was auch der in der Literatur vertretenen Meinung entspricht. Gerade im Hinblick auf die in der Praxis häufig vorkommenden Mietkaufmodelle ein erfreuliches Erkenntnis, denn bisher war sowohl die Finanzverwaltung (vgl EStR 2000 Rz 6642) als auch das BFG der Meinung, dass Zeiten als Mieter vor Ausübung der Kaufoption für die Erfüllung der geforderten Frist nicht gelten. Die weitere Rechtsentwicklung bleibt abzuwarten. Nichtsdestotrotz wurde die Attraktivität von Mietkaufmodellen durch Änderungen im UStG (Verlängerung der Vorsteuerberichtigungsfrist auf 20 Jahre) und WGG reduziert.