Tax News: Besteuerung von Reiseleistungen in Deutschland europarechtswidrig

Besteuerung von Reiseleistungen

In dem von der EU-Kommission gegen Deutschland durchgeführten Vertragsverletzungsverfahren (C-380/16) hat der EuGH am 08.02.2018 sein Urteil veröffentlicht. Wenig überraschend bestätigt der EuGH, dass die deutsche Regelung des § 25 dUStG europarechtswidrig ist. Die Besteuerung von Reiseleistungen verstößt laut EuGH-Urteil gegen Art 306 MwStSyst-RL; Deutschland wird nun die gesetzlichen Bestimmungen ändern müssen. Zum einen ist der Anwendungsbereich der Margenbesteuerung auf B2B-Leistungen zu erweitern. Und zum anderen muss die Möglichkeit, Gesamtmargen zu bilden, untersagt werden. Bis dies umgesetzt ist kann es bei grenzüberschreitenden Fällen noch zu Doppel- oder Nichtbesteuerungen kommen, auf die man achten sollte.

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Für den Inhalt verantwortlich

Esther Freitag

Partnerin, Tax

KPMG Austria

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Der EuGH hatte bereits in seinem Urteil vom 26.09.2013 (C-189/11) ausführlich dargelegt, dass die Sonderregelung für Reiseleistungen gemäß den Art 306 bis 310 MwStSystRL nicht auf Leistungen an Nichtunternehmer oder für den nichtunternehmerischen Bereich eines Unternehmers (B2C) eingeschränkt werden kann. Die Margenbesteuerung sei daher auch auf Reiseleistungen an Unternehmer anzuwenden. Dies bestätigt der EuGH in seinem aktuellen Urteil.

In seinem Urteil vom 26.09.2013 hatte der EuGH zudem der pauschalen Ermittlung der Gewinnmarge nicht zugestimmt. Eine solche Ermittlung sei nach dem Wortlaut der MwStSystRL nicht zulässig. Diese Begründung wiederholt der EuGH im vorliegenden Fall.

Noch nicht eindeutig geklärt wurde die Frage, ob die Margenbesteuerung nur für Leistungsbündel anwendbar ist oder auch für Einzelleistungen. Der deutsche BFH hatte jedenfalls Zweifel und fragte deshalb den EuGH mit Vorlagebeschluss, ob die Überlassung einer Ferienwohnung, bei der zusätzliche Leistungselemente nur Nebenleistungen sind, der Margenbesteuerung unterliegt.

Im Beschluss vom 03.08.2017 hat der deutsche BFH dem EuGH zudem die Frage vorgelegt, ob bei Reiseleistungen der ermäßigte Steuersatz für Beherbergung zur Anwendung kommen kann. Diese Frage stellt sich zwar nicht bei einem Bündel von verschiedenen Leistungen, wäre aber relevant, wenn der EuGH die Qualifizierung von Einzelleistungen als Reiseleistungen für möglich erachten würde.

Einige EU-Mitgliedstaaten haben schon immer die Margenbesteuerung für Reiseleistungen im B2B-Bereich angewendet, andere haben ihre Steuergesetze nach dem EuGH-Urteil vom 26.09.2013 entsprechend angepasst. Es gibt aber neben Deutschland auch noch weitere Mitgliedstaaten, die die Margenbesteuerung auf B2C-Leistungen limitieren. Hinzu kommt, dass es in den verschiedenen Mitgliedstaaten abweichende Auffassungen darüber gibt, ob Einzelleistungen als Reiseleistungen anzusehen sind, und noch weitere Interpretationsunterschiede. Somit kann das Erbringen grenzüberschreitender Leistungen Doppel- oder Nichtbesteuerungen zur Folge haben.

Es ist zudem zu beachten, dass jedes Unternehmen betroffen sein kann, auch wenn es nicht auf den ersten Blick als „Reisebüro“ oder „Reiseveranstalter“ entsprechend dem Wortlaut der MwStSystRL erscheint. Demzufolge könnten zB auch die Weiterbelastungen von Leistungen innerhalb eines Konzerns der Margenbesteuerung unterliegen und der Vorsteuerabzug dann ausgeschlossen sein.

Auswirkungen für die Praxis

Als Folge des EuGH Judikates vom 26.09.2013 wurde Ende des Jahres 2015 beschlossen, den § 23 UStG mit Wirkung ab 01.01.2017 entsprechend anzupassen. Das Inkrafttreten wurde auf den 01.05.2019 verschoben. Die Margenbesteuerung soll dann auch für Reiseleistungen anwendbar sein, die an einen Unternehmer für dessen Unternehmen erbracht werden (B2B). Weitere Voraussetzung wäre aber, dass die Reiseleistung letztlich einem nichtunternehmerisch Reisenden zugutekommt. Dies dürfte die Unternehmen vor praktische Schwierigkeiten stellen, weil der Status des Endkunden durch die gesamte Leistungskette bekannt sein muss.

Hauptauswirkung aus der nun vorliegenden EuGH Entscheidung wird ein eingeschränkter Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen für B2B-Reiseleistungen sein. Außerdem wird bei B2B-Reiseleistungen nur noch eine Umsatzsteuer auf die Marge statt auf das volle Entgelt berechnet werden müssen.

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