Tax News: BFG zur Hauptwohnsitzbefreiung bei der Immo-ESt iZm Mietkaufmodellen
Immo-ESt
Für die Anwendung der Hauptwohnsitzbefreiung gem § 30 Abs 2 Z 1 lit b EStG muss dem Veräußerer das Eigenheim innerhalb der letzten 10 Jahre mindestens fünf Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz gedient haben. Nach Ansicht des BFG (01.09.2017/RV/7105679/2015) ist neben dieser Voraussetzung zusätzlich erforderlich, dass das Objekt während der fünfjährigen Mindestdauer im wirtschaftlichen Eigentum des Veräußerers gestanden ist. Bei Mietkaufmodellen sind Mieter bis zur Ausübung der Kaufoption nicht als wirtschaftliche Eigentümer über das betreffende Objekt anzusehen.
Allgemein
Die Veräußerung von Eigenheimen oder Eigentumswohnungen samt Grund und Boden iSd § 18 Abs 1 Z 3 lit b EStG ist grundsätzlich von der Immobilienertragsteuer gem § 30 Abs 2 Z 1 EStG befreit, wenn
- diese ab der Anschaffung und Veräußerung für mindestens zwei Jahre durchgehend den Hauptwohnsitz des Veräußerers darstellten und der Hauptwohnsitz aufgegeben wird (lit a - 1. Tatbestand) oder
- wenn das Objekt innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Veräußerung mindestens fünf Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz gedient hat und dieser aufgegeben wird (lit b - 2. Tatbe-stand).
Der vorliegende Beitrag sowie das unten angeführte BFG-Erkenntnis widmen sich der Interpretation des 2. Tatbestands der Hauptwohnsitzbefreiung insb im Hinblick auf die Veräußerung von Eigentumswohnungen.
BFG 01.09.2017/RV/7105679/2015
Dem angeführten Erkenntnis liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Der Beschwerdeführer (Bf) hat im Juni 2003 einen Mietvertrag über eine Wohnung mit einer gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaft als Vermietern abgeschlossen. Im Oktober 2012 haben die Parteien einen Kaufvertrag über die Wohnung unterzeichnet (Kaufpreis rund EUR 73.000). Der Bf nutzte die im Mietvertrag vereinbarte Kaufoption, nach 10-jähriger Mietdauer die Wohnung nachträglich in das Wohnungseigentum zu übertragen. Im März 2013 veräußerte der Beschwerdeführer die Wohnung um rund EUR 115.000.
Das Finanzamt unterwarf den im Jahr 2013 beim Bf zugeflossenen Veräußerungserlös (abzüglich Anschaffungskosten) als Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen dem 25%igen Steuersatz (gem § 30a Abs 1 EStG, idF vor StRefG 2015/2016) und setzte als Steuer einen Betrag von rund EUR 10.500 fest. In der Bescheidbegründung wurde hinsichtlich der Nichtanwendbarkeit der Hauptwohnsitzbefreiung auf die EStR 2000 Rz 6642 verwiesen, wonach in Fällen des Mietkaufes die Hauptwohnsitzzeiten vor der Anschaffung unbeachtlich sind.
Der Bf erhob Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 mit folgenden wesentlichen Argumenten:
- Die Wohnung wurde rund 10 Jahre durchgehend und ununterbrochen als Hauptwohnsitz genutzt, womit § 30 Abs 2 Z 1 lit b EStG (2. Tatbestand) erfüllt sei.
- Verglichen mit dem 1. Tatbestand der Befreiungsbestimmung, die ausdrücklich eine Anschaffung erfordert, sei dem 2. Tatbestand eine Einschränkung der Hauptwohnsitzzeiten auf solche nach der zivilrechtlichen Anschaffung nicht zu entnehmen.
- Hinsichtlich der Anforderungen des 2. Tatbestands sei weder wirtschaftliches, noch zivilrechtliches Eigentum maßgeblich. Entscheidend seien lediglich Hauptwohnsitzzeiten während der 5-jährigen Mindestdauer.
- Die Literatur sei nahezu ausnahmslos der Ansicht, dass Hauptwohnsitzzeiten als Mieter für die Erfüllung des 2. Tatbestands miteinzurechnen sind.
- Die im Bescheid angeführte Rz 6642 der EStR 2000 wurde erst im Juni 2013 eingefügt, somit nach Vertragsabschluss über den Verkauf der Wohnung.
Strittig ist im vorliegenden Sachverhalt daher die Interpretation des § 30 Abs 2 Z 1 lit b EStG. Da diese Bestimmung die Wortfolge „ab der Anschaffung“ nicht enthält, ergeben sich unterschiedliche Interpretationsmöglichkeiten im Hinblick auf die Anforderungen der Rechtsstellung des Steuerpflichtigen bzw der rechtlichen Eigenschaft von Eigentumswohnungen während des Fünfjahreszeitraums. Diesbezüglich führt das BFG drei Auslegungsmöglichkeiten an:- Engster Wortsinn: Die veräußerte Eigentumswohnung muss lediglich innerhalb der letzten 10 Jahre mindestens fünf Jahre lang als Hauptwohnsitz bewohnt worden sein.
- Erhöhte Anforderung: Die Wohnung muss während dieses Zeitraums zusätzlich im wirtschaftlichen Eigentum des Veräußerers gestanden haben.
- Weitere erhöhte Anforderung: Die veräußerte Wohnung musste ein Wohnungseigentumsobjekt iSd § 2 WEG gewesen sein.
Das BFG kommt ua unter Verweis auf die BFG-Rechtsprechung zu § 18 Abs 1 Z 3 lit b EStG, die auf § 30 Abs 2 Z 1 EStG übertragbar sei, zum Schluss, dass der Wortlaut des § 30 Abs 2 Z 1 lit b EStG dahingehend zu interpretieren ist, dass während der fünfjährigen Mindestdauer nicht nur der Hauptwohnsitz in der veräußerten Wohnung gelegen sein muss, sondern die veräußerte Wohnung auch im wirtschaftlichen Eigentum des Veräußerers gestanden haben muss. Er führt weiters (allgemein) aus, dass der Begriff „Veräußerung“ in § 30 EStG nach der im Einkommensteuerrecht üblichen Terminologie die entgeltliche Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums auf einen anderen bedeutet. An dieser Stelle sei angemerkt, dass davon abweichend auch die Ansicht vertreten wird, unter Veräußerung ist das diesbezügliche Verpflichtungsgeschäft gemeint (vgl Kanduth-Kristen in Jakom 2017, § 30 EStG Rz 21).
Im vorliegenden Fall bedeute eine bestehende Kaufoption nach 10jähriger Mietdauer laut Mietvertrag sowie die gesetzliche Kaufoption gem §§ 15b ff WGG (Anspruch auf Übereignung) für die Wohnsitzzeiten als Mieter nicht das wirtschaftliches Eigentum über die Eigentumswohnung. Für das wirtschaftliche Eigentum müsse dem zivilrechtlichen Nichteigentümer nur noch die dingliche Berechtigung zum zivilrechtlichen Eigentum fehlen. Erst ab Beginn der (Kauf-)Optionsausübung und dann erst mit Optionsausübung hätte der Bf in die Position eines Wohnungseigentumserwerbers gelangen können.
Im vorliegenden Fall ist der Bf daher erst ab Oktober 2012 mit Unterzeichnung des Kaufvertrages, dh mit Kaufoptionsausübung als wirtschaftlicher Eigentümer anzusehen. Die nach Ansicht des BFG zusätzliche Voraussetzung für die Anwendung des § 30 Abs 2 Z 1 lit b EStG des wirtschaftlichen Eigentums über die Wohnung während der fünfjährigen Mindestdauer wurde damit nicht erfüllt, sodass die Hauptwohnsitzbefreiung nicht zur Anwendung kommen kann.
Eine Revision an den VwGH war zulässig und ist unter der Zahl 2017/13/0023 beim VwGH anhängig.
Zusammenfassung / Conclusio
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass für die Anwendung des 2. Tatbestands der Hauptwohnsitzbefreiung während der fünfjährigen Mindestdauer nicht nur der Hauptwohnsitz in der veräußerten Wohnung gelegen sein muss, sondern die veräußerte Wohnung auch im wirtschaftlichen Eigentum des Veräußerers gestanden haben muss.
Für die in der Praxis häufig vorkommenden „Mietkaufmodelle“ von Wohnbaugenossenschaften, wonach Mietern nach Ablauf einer bestimmten Mietdauer eine Kaufoption eingeräumt wird, ist das wirtschaftliche Eigentum über das Mietobjekt bis zur Optionsausübung nicht gegeben. Neben der bereits mit dem 1. StabG 2012 erfolgte Verlängerung des Vorsteuerberichtigungszeitraums von 10 auf 20 Jahre würden diese gängigen Modelle dadurch weiter unattraktiver werden.
Die diesbezügliche Entscheidung des VwGH sowie die weitere Rechtsentwicklung bleiben abzuwarten.